Übertreibungen sollten vermieden werden, denn wer übertreibt, lügt. Wer behauptet, dass ein Dorf, das seit siebenhundert Jahren an der gleichen Stelle steht, nicht seit siebenhundert Jahren existiert, sondern dass seine Geschichte erst vor wenigen Jahren begann, wird sicher zurechtgewiesen.

Sie sehen, Sie sagen es bereits: Aber er übertreibt!

Legen Sie es nicht sofort in die Schublade. Ich möchte Ihnen von diesem seltsamen Dorf erzählen. Vielleicht kann ich Ihnen versichern, dass seine Bewohner gerade erst begonnen haben, die Geschichte ihres Dorfes zu schreiben. Es ist das Dorf Altwigshagen im Landkreis Ueckermünde, zu dem die Ortsteile Altwigshagen, Demnitz, Borkenfrieden und Finkenbrück gehören, am nordöstlichen Rand der Friedländer Großen Wiesen, wenige hundert Meter von der Fernverkehrsstraße Berlin-Prenzlau-Anklam-Stralsund entfernt. Damit Sie dem Erzähler ungläubig und mit viel Skepsis folgen, sagen wir etwas voraus:

Eine Liste stiller und doch so redseliger Zeitzeugen aus den Anfangsjahren der – vermeintlich – jungen Geschichte des Dorfes.

Natürlich werden die neuen Häuser wieder von den neuen, noch schöneren, die auf ihren Abriss warten, in den Schatten gestellt. Das gilt auch für die Gebäude, über die heute jeder Altwigshäger mit erhobener Stimme spricht. Das Dorfleben hat ihnen einen Namen gegeben, der den Geruch von Mörtel und frischem Ziegelstaub in die Nase bringt, den schlichten Namen “Objekt”; die meisten der neu errichteten Wirtschaftsgebäude befinden sich in einem Komplex am Rande des Dorfes und heißen seit Beginn ihrer Errichtung “Objekt”, obwohl der schöne Komplex wohl einen blutigen Namen wie “Kombination” verdient hätte. Was jetzt schön und neu ist, wird eines Tages von der Zukunft überholt werden.
Aber etwas wird bleiben, was mit den Neubauten in Altwigshagen kam: ein neuer Geist, der die kreativen Menschen des Dorfes antreibt. Und es wird eine Schönheit bleiben, die Schönheit des Arbeitens, des Lernens und des Lebens der Menschen in unserem neuen Dorf. Wir wollen über sie, ihre Vorfahren und ihre Kinder sprechen.

Mehrere Generationen von Armen haben ihre Tage in Altwigshagen verbracht, ohne das Leben zu genießen. Altwigshagens Älteste bringen diese Erinnerung an die Vergangenheit in die Zukunft. Sie selbst dienten und litten unter dem Gutsherrn, bis das sowjetische Volk am Ende des Zweiten Weltkriegs den deutschen Faschismus besiegte und die Freiheit von der Zwangsarbeit erlangte.
Die Sage von Altwigshagen erinnert an die Zeit der Herren und Knechte.